Vielen Dank für diese Erweiterung und Vertiefung!
Um einen mir besonders wichtig erscheinenden Punkt herauszugreifen: Die ökonomischen Ursachen für regressive Entwicklungen in Baltimore spielen in der Serie – und der ihr zugrunde liegenden Realität – sicherlich eine zentrale Rolle. Das kommt in meinem Beitrag etwas kurz, wenn ich nur andeutungsweise von der postindustriellen, schrumpfenden Stadt spreche. Den zentralen Einfluss der Ökonomie will ich keineswegs in Frage stellen. Ich glaube allerdings nicht, dass einerseits „der grundlegende Strukturkonflikt zwischen Kapital und Arbeit bestimmend bleibt“, wie Du im Nachtrag schreibst, während andererseits die Eigenlogiken der dargestellten Felder oder sozialen Systeme trotzdem eine zentrale Rolle spielen, wie Du es an verschiedenen Stellen anführst. Die Eigenlogiken werden in der Serie kaum als Luhmannsche Autopoiesis beschrieben, umgekehrt lassen sie sich aber auch nicht letztlich auf ökonomische Faktoren zurückführen. Doch müssten sie das nicht, wenn jener Grundkonflikt bestimmend ist? Stattdessen ist der Eigensinn unterschiedlicher Handlungssphären selbst Thema der Serie, die Orientierung am Machterhalt in der Politik wäre ein Beispiel.
Wie auch immer man diese Prozesse gesellschaftstheoretisch begreift. Als weitere Herausforderung bleibt, wie man derartige Beschreibungen und Erklärungen mit einer normativen Dimension verbinden kann. Erst das würde es dann erlauben, begründete Kriterien für ihre Bewertung und mögliche praktische Veränderung zu entwickeln. Insgesamt sicher ein ziemlich großer Arbeitsauftrag.